Kletzmer in St. Louis
GROSSES FESTSPIELHAUS / SLOWENISCHE PHILHARMONIE
23/09/10 Mit Mahler durch das Jahr: Die Kulturvereinigung unter der künstlerischen Leitung von Elisabeth Fuchs verbindet ihre Konzertzyklen heuer mit einem Werkzyklus: Bis April stehen in den Konzerten unterschiedlichster Orchester die ersten fünf Symphonien von Gustav Mahler auf dem Programm.Von Heidemarie Klabacher
Marching-Band und Kletzmer in St. Louis? Das fällt einem zum Scherzo der „Ersten“ Mahler auch nicht jedes Mal ein, trotz der bekannten „Heuler“ der Klarinetten. Aber vielleicht wird das sogar eine Referenz-Erinnerung: So mitreißend schräg hat man die ohnehin grotesken Klänge auch von namhaftesten Orchestern noch nicht gehört.
Die Herbstsaison bei Kulturvereinigung im Großen Festspielhaus eröffnete am Mittwoch (22.9.) die Slowenische Philharmonie unter der Leitung von Martin Sieghart. Eine reizvolle Programmidee zum Auftakt: Zu den emotionalen Wechselfällen und vielfältigen Bizzarheiten und Lieblichkeiten im Heldensang vom „Titanen“ führten „Donner und Blitz“, „Die Libelle“ und der „Kaiserwalzer“ der Herren Johann und Josef Strauß.
Eine sinnfällige, dramaturgisch nachvollziehbare Idee, gehören doch die ur-alt-österreichischen Walzer- oder Ländlermotive zum Charakteristischsten im Werk Mahlers. Martin Sieghart hat über beide Werkblöcke zudem eine Art klanglichen Samtvorhang gebreitet, aber ohne in staubige Retro-Sentimentalität zu verfallen.
Die klanglich ein wenig verhalten wirkenden Streicher schienen zwar erst gegen Ende der Mahler-Symphonie zu ihrem vollen Glanz zu kommen. Das strahlte dann wirklich. Zunächst mussten halt solide Genauigkeit und Verlässlichkeit für das gestrichene Ganze stehen. Aber zusammen mit den immer wieder markig auftrumpfend daherkommenden Bläserepisoden, die den Samt-Teppich immer wieder gehörig aufgeraut und durchgebeutelt haben, war es eine „Erste“ Mahler, bei der man vom ersten Takt gerne und gespannt zugehört hat.
Vom Bizarren im Scherzo war schon die Rede. Die Lieblichkeiten - etwa des Liedes vom Lindenbaum - standen dem nicht nach.
Das zähe Ringen des „Titanen“ im letzten Satz war eine vom Dirigenten Martin Sieghart klug unter Spannung gehaltene emotionale Achterbahnfahrt. Dass die Schleifen Mahlers hier einwenig an ein Möbiusband erinnern, ist bekannt. Die vielen tragischen Wendungen - kurz vorm scheinbaren Gipfelsieg zurück in die Tiefe (der Depression, der Verzweiflung) - kamen immer wieder überraschend, präzise und farbenreich. - Ein vielversprechender Auftakt.