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HINTERGRUND / FESTSPIELDOKUMENTE
10/08/10 Der Termin hat Tradition: Da wird das jeweils Neueste von den "Festspiel-Dokumenten" vorgestellt. Die Präsidentin dankt überschwänglich den beteiligten Labels. Und deren Repräsentanten versichern ihrerseits ihre hohe Meinung von den Festspielen.Von Reinhard Kriechbaum
Das alles hat seine lieb gewonnene äußere Form und ist in Wirklichkeit so aufregend nicht. Denn was wären die CD- und DVD-Produzenten ohne künstlerische Zulieferer? Da ist ein Markenname wie "Salzburger Festspiele" allemal hoch willkommen. Und was wären Festspiele im medialen Zeitalter, wenn sie nicht auf vielen Schienen - sogar im Kino - vorkämen? Sie können und wollen auf die einschlägigen Firmen nicht verzichten.
In Wirklichkeit verhandelt man also merkantile Details, ist aber innig aufeinander angewiesen, gerade in Zeiten, da der Tonträgermarkt sich radikal gewandelt hat und selbst Großkonzerne wie Unitel ihre Vermarktung neu ausrichten müssen.
DVD, Blu-Ray, CD: Man schläft auf beiden Seiten nicht. Und Gottfried Kraus, der Festspiele tönendes Gedächtnis, blickt mit spürbarer Freude ins neue attraktive Katalogbuch, mit Cover-Abbildungen aller Dinge, die in den vergangenen neunzehn Jahren herausgekommen sind: "Nicht mehr ein Telefonbuch wie bisher."
Kraus hat von den neunzig Jahren Festspielgeschichte, die man heuer feiert, genau zwei Drittel wachen Ohres miterlebt. Einen wie ihn, jemanden mit Urteilskraft und gutem Gedächtnis, muss man erst einmal haben. Mit leuchtenden Augen zeigt Kraus Jahr um Jahr seine Fundstücke vor, freut sich, dass dies und jenes technisch noch zu retten war und anderes doch noch im ORF-Archiv oder sonst irgendwo aufgetaucht ist. Diesmal etwa - aus dem privaten Besitz von Paul Badura-Skoda - die Bänder des letzten Festspiel-Auftritts von Edwin Fischer, dessen 100. Geburtstag sich heuer jährt. Damals war Fischer für den immer zickigen Arturo Benedetti-Michelangeli eingesprungen. Mit Fischer gibt es auch eine Aufnahme mit den Wiener Philharmonikern (Mozart-Konzerte) und Kammermusik, in Partnerschaft mit Wolfgang Schneiderhan und Enrico Mainardi.
1953 gab Elisabeth Schwarzkopf, am Klavier begleitet von Wilhelm Furtwängler, einen Hugo-Wolf-Liederabend. Die auf DVD erschienenen Aufzeichnungen vom "Figaro" (1963) und der "Zauberflöte" (1964) in Schwarzweiß gehören zu den ältesten Bilddokumentationen, die man hat.
In anderen, neuen Dimensionen denken Leute wie Unitel-Chef Jan Mojto. Er verweist drauf, dass seit 2005 (so lange sind Unitel und Festspiele Partner) 300.000 DVDs verkauft worden sind. Mit Ende dieses Sommers wird Unitel 46 Festspielproduktionen in Ton und Bild festgehalten haben. "La Traviata" mit Anna Netrebko ist nach wie vor der Verkaufshit. Aber im Durchschnitt über sechstausend Stück Absatz pro DVD-Produktion - das ist eine Zahl, die den Musik-Großindustriellen positiv stimmt.
17 Millionen Euro habe Unitel bsiher in seine Salzburger Produktionstätigkeit investiert, erzählt Mojto. Heuer hat man den neuen "Jedermann", das erste Philharmoniker-Konzert unter Barenboim, "Lulu" und "Elektra" aufgezeichnet.
Die Festspiele haben für den ORF die Tonmeisterkabine im Neuen Haus renoviert, und es gibt ein modernes Glasfaserkabel hinüber auf den Kapitelplatz. Deshalb kann man wirklich direkt übertragen auf die Großbildleinwand. Da läge Kino live auf der Hand. Das schätzt Jan Mojto wegen der Jahreszeit (Kino-Sommerloch) als nicht so vielversprechend ein. Aber unterm Jahr hat man bisher in zwölf Ländern Festspielaufnahmen in Kinos gezeigt, und im nächsten Sommer will man doch in einigen Städten Live-Übertragungen machen.
Stolz sind die Festspiele auf die mit der DGG zusammen produzierte Jubiläumsbox "50 Jahre Großes Festspielhaus": Satte 25 CDs, vier Opern und ein dickes Bündel von Konzertmitschnitten. Es beginnt natürlich mit Karajans "Rosenkavalier" von 1960.
Testweise ist auch schon der Online-Shop auf der Festspiel-Website in Betrieb. Derzeit kann man nur 15 Dinge tatsächlich online bestellen, aber das soll sich ändern. Das Ziel sei, so erklärt Konzert- und Medienreferent Matthias Schulz, dass virtuelle Kartenbesteller auch gleich die passenden Festspieldokumente (CDs, DVDs) angeboten bekommen. Vielleicht haben viele ja Lust, sich vorab einzuhören auf die betreffenden Werke.