Dieser Wald ist eine Wundertüte
TAG DES DENKMALS
26/09/12 275 Schauplätze in ganz Österreich öffnen sich am „Tag des Denkmals“ am Sonntag (30.9.) dem Publikum. In Stadt und Land Salzburg erzählen insgesamt zehn Bau- und Kulturdenkmäler „Geschichte(n) im Denkmal“: Der Park von Schloss Leopoldskron ist dafür eine wahre Fundgrube. Teile der Parkanlagen wurden rekonstruiert. Wo das Gartentheater von Max Reinhardt war, kann man sich zumindest wieder vorstellen.
Von Heidemarie Klabacher
Erst vor ein paar Tagen sind die vorläufig letzten Objekte aus dem Sumpf aufgetaucht. Leicht möglich, dass noch weitere Teile von barocken Vasen oder Säulen, Nymphen oder Wassermännern im weichen Boden im Park von Leopoldskron schlummern: „Geschichte(n) im Denkmal“ will man heuer am Tag des Denkmals erzählen. Dafür ist der Park von Leopoldskron eine Fundgrube, ein „wahrer Speicher an Geschichten und Geheimnissen“, so Landeskonservator Ronald Gobiet bei der Pressekonferenz zum „Tag des Denkmals“ heute Mittwoch (26.9.) in Leopoldskron.
Da ist etwa die Geschichte mit dem akribisch nach neobarocken Vorbildern von Max Reinhardt errichteten Gartentheater, das genau ein einziges Mal bespielt wurde: Eine Aufführung von Shakespeares „Was ihr wollt“ im Sommer 1931 ist buchstäblich von einem Wolkenbruch hinweg gespült worden. Beim Spaziergang durch den Schlossgarten zeigte Landeskonservator Gobiet die Überreste des Orchestergrabens und eines steinernen Dirigentenpultes.
Max Reinhardt selbst hat dieses neobarocke Gartentheater, das sich an französischen Vorbildern orientiert, entworfen - ganz in der Manier barocker Heckentheater mit Spalierwänden, Hecken und Gartenskulpturen. Fotos gibt es noch, im Park sind einige Kippbilder aufgestellt, die die kunstvolle Anlage einst und die Wildnis heute zeigen.
Von dem ehemaligen „Großen Rasenparterre“ wurde in den letzten Monaten ein neunhundert Quadratmeter großes, straßenseitig im Schlosspark gelegenes Teilstück rekonstruiert - im Auftrag des heutigen Besitzers des „Salzburg Global Seminar“, dem Leopoldskron heute gehört.
Am „Tag des Denkmals“ wird dieser Bereich nun der Öffentlichkeit präsentiert. Auch der von Gehwegen gesäumte, das Rasenparterre umgebende Wassergraben wurde im Zuge einer archäologischen Grabung freigelegt und originalgetreu wiederhergestellt, mit Lehmwänden und Weidengeflechtbegrenzungen über Holzpflöcken und Rasenrücken. Eine der ursprünglich vier über den Kanal in das Rasenparterre führenden Holzbrücken konnte ebenfalls rekonstruiert werden.
Nicht nur die Überreste des Theaters erzählen Geschichte und Geschichten. Da ist auch noch etwa die Geschichte mit den einstmaligen Hecken, die in den letzten achtzig, neunzig Jahren ausgewachsen sind – und die heute aus stolzen Bäumen bestehen, die längst unter Natur- und Landschaftsschutz stehen, also auch vom Bundesdenkmalamt keineswegs einfach so gefällt werden dürfen.
Dann sind da die spannenden Geschichten der heute insgesamt 55 barocken Skulpturen im Park, die Max Reinhardt selber etwa in Wien und Niederösterreich zusammengesammelt und gekauft hat: Viele Tritonen, Seerösser, Vasen oder auch Nymphen sind aufwändig restauriert und auf tragfähige Fundamente - nach neuesten Erkenntnissen des Denkmalschutzes – gestellt worden, damit sie nicht wieder im weichen Boden unmittelbar neben dem Weiher versinken.
Warum die Kunstwerke überhaupt versunken sind, ist wieder eine eigene Geschichte: In der NS-Zeit ist Leopoldskron enteignet worden (Reinhardt ist 1937 emigriert), man hat sich die Skulpturen für eine Ausstellung in Berlin „ausgeliehen“, wohl zurückgebracht, aber einfach irgendwie im Park abgeladen. „Viele Vasen sind umgefallen und zerbrochen.“ Und das sumpfige Gelände hat die schwergewichtigen Skulpturen und Plastiken verschluckt. Bruchstücke habe man bei den Arbeiten im Park fast täglich gefunden, erzählt Markus Hiljuk, der Liegenschaftsverwalter des in Leopoldskron seit 1947 ansäßigen Salzburg Global Seminars. Der weiche Boden macht bis heute Scherereien: Die bis zu eineinhalb Tonnen schweren Vasen konnte man auch zur Renovierung nicht einfach mit schweren Transportern abholen, man musste auf gefrorenen Boden im Winter warten. Die Einzelteile von mindestens zwei Vasen warten noch darauf, von den Experten wieder zusammengesetzt zu werden.
Welche Bau- und Kulturdenkmäler in Stadt und Land Salzburg erzählen am Sonntag (30.9.) ebenfalls „Geschichte(n) im Denkmal“? Auf der Festung Hohensalzburg heftet man sich auf Spuren von Dietmund von Högl, der einzigen Frau, die jemals auf Hohensalzburg – und zwar in Konkurrenz zum Salzburger Erzbischof - regiert hat. Der Sebastiansfriedhof, 1595 bis 1600 als Ersatz für den alten Domfriedhof nach dem Vorbild italienischer Campi Santi erbaut, fasziniert mit den Grabdenkmälern in den Arkadengängen – und mit der nach Plänen von Elia Castello errichteten Gabrielskapelle: In diesem kreisrunden Zentralbau der Spätrenaissance ist Fürsterzbischof Wolf Dietrich beigesetzt.
Felsenreitschule samt Freiluftorgel im Toscaninihof und die jüngst restaurierten Figurennischen der Kronengrotte in Hellbrunn werden ebenfalls präsentiert. Ein selbst vielen Salzburg-Kennern unbekannter Schatz verbirgt sich unter dem Haus Schanzlgasse 14: Hier befindet sich das spätmittelalterliche Nonntaler Stadttor, das zur Zeit des Dreißigjährigen Krieges verschüttet wurde und nahezu unversehrt erhalten geblieben ist. Im Land sind die Burg Mauterndorf, ein mittelalterlicher Wehrturm in Mariapfarr und Schloss Ritzen in Saalfelden geöffnet.