Die Geigerin Alma Moodie und der Komponist Ernst Krenek 1925 auf einem Felsen: Wie im Reisebuch aus den österreichischen Alpen, welches halt kein Fotoalbum sondern ein Liederzyklus ist.
Noch ein Foto: Das Amar Quartett, zunächst nur gegründet, um das Zweite Streichquartett von Paul Hindemith aufzuführen, war von 1921 bis 1929 eines der wichtigsten Quartette für Zeitgenössische Musik der Zwischenkriegszeit – mit Hindemith als Bratschisten: Zusammen mit anderen, die Schauspielerin und Sängerin Erika Stiedry-Wagner inmitten, scheinen die vier Musiker auf dem Foto vom August 1922 Gefängnisflair zu genießen. Es ist aber nur der Hof des „alten“ Mozarteums, der jetzt – also ebenfalls genau hundert Jahre später – glücklicherweise umgebaut wird...
Gleicher Hof, gleiche Zeit, andere Gruppe, darunter der Komponist Arthur Honegger, offenbar in einer Pause einer der Internationalen Kammermusik-Aufführungen in Salzburg: „Während des Konzerts am 8. August 1922, in dem Anton Weberns Fünf Sätze für Streichquartett vom Amar-Hindemith Quartett gespielt wurde, brach eine Auseinandersetzung im Publikum zwischen dem Wiener Architekten Adolf Loos und dem Wiener Komponisten Wilhelm Grosz aus.“ So lautet der Bildtext im Folder zur Ausstellung Achtung International! Salzburg & 100 Jahre Internationale Gesellschaft für Neue Musik 1922–2022, die am Mittwoch (16.3.) im Rahmen des Aspekte Festivals eröffnet wird.
„Die Geschichte der IGNM ist eine Geschichte der Musik des 20. Jahrhunderts und jene des ersten Friedensprojekts in der Musik.“ Grundgedanke: „Die Kunst steht über der Politik. Gesellschaften ändern sich und passen sich an die Zeit an.“ Die IGNM hatte und hat eine internationale zukunftsweisende völkerverbindende Aufgabe. Im Kern also ein Friedensprojekt, wie die Festspiele.
Am 11. August 1922 wurde die Internationale Gesellschaft für Neue Musik im Café Bazar gegründet. Ab Januar 1923 wurde von London aus, dem globalen Sitz der IGNM, die Verbreitung auf allen Kontinenten organisiert. Bis heute versteht sich die IGNM eine der weltweit bedeutendsten Institutionen zur Förderung zeitgenössischer Musik.
Der Musikwissenschaftler Matthew Werley spricht vom „Januskopf“ der IGNM: „Zum Zeitpunkt der Gründung hatte die Gesellschaft einen diplomatischen Zweck: Menschen zusammenzubringen und Musik zu hören, die vier oder fünf Jahre zuvor noch verboten war. Die IGNM war ein Projekt des – neuen – Hörens. Nach dem Zweiten. Weltkrieg zeigte die Gesellschaft dann ein anderes Gesicht: Diese hochmoderne Musik zur Förderung von jungen Komponistinnen zu öffnen, alte Muster aufzubrechen und Neues zu finden.“
Wer war im August 1922 nicht aller in Salzburg! „Die Wiener Komponisten Rudolf Réti und Egon Wellesz hatten Internationale Kammermusik-Aufführungen im Mozarteum veranstaltet. Béla Bartók, Arnold Bax, Paul Hindemith, Arthur Hoegger, Darius Milhaud, Ethel Smyth, Anton Webern und viele andere Komponistinnen und Komponisten aus fünfzehn Ländern – Festspielpräsident Richard Strauss war Protektor – versammelten sich, um das erste internationale Friedensprojekt in der Musik nach dem Ersten Weltkrieg zu etablieren.“
Im Jahrhundert ihres Bestehens wurden Werke von Alban Berg, Maurice Ravel, Pierre Boulez, Dika Newlin, Witold Lutosławski, György Ligeti, Elliott Carter, Friedrich Cerha oder Kaija Saariaho bei den IGNM-Weltmusiktagen aufgeführt. Damit sei die IGNM bis heute „eine der weltweit bedeutendsten Institutionen zur Förderung zeitgenössischer Musik“. Die Ausstellung im Foyer der Universität Mozarteum und ein umfassendes Rahmenprogramm würdigen das hundertjährige Wirken und beleuchten auch die reiche Geschichte der Neuen Musik in Salzburg. Eröffnet wird die Schau im Rahmen des Aspekte Festivals morgen Mittwoch (16.3.) mit einem Festakt im Foyer der Universität Mozarteum. Im Mittelpunkt der Ausstellung mit dem Titel „Achtung International“ stehen die Darstellung Salzburgs „als internationale Stadt in der Zwischenkriegszeit“, beleuchtet wird die Geschichte der Neuen Musik in Salzburg, im Mittelpunkt stehen die Begegnungen all der namhaften Musikschaffenden an der Salzach. Exponate aus 51 Archiven weltweit sind zu sehen.