Bekrönt und aufgegipfelt

MOZARTEUMORCHESTER / RICCARDO MINASI

10/05/19 Die Freunde Schumann und Brahms hatten im letzten Abo-Konzert des Mozarteumorchesters in dieser Spielzeit am Donnerstag (9.5.) ihren Auftritt im Großen Saal. Als Solist gastierte der Pianist Martin Stadtfeld mit einem kühlen Blick auf das „phantastischste und poetischste aller romantischen Klavierkonzerte“.

Von Horst Reischenböck

Tragische Helden, vor allem deren letales Ende, boten den Komponisten immer wieder Anregung zu grandiosen Tongemälden. So erschüttert bis heute Beethovens Coriolan-Ouvertüre. Ihr ganz nahe steht Robert Schumanns Manfredop. 115. Chefdirigent Riccardo Minasi stürzte sich gleich zu Beginn vehement von den ersten kurzen Tutti-Schlägen hinein in die darin kaum gezügelt aufbrausende Emotion. Mit hingebungsvoller Überzeugung folgten im einmal mehr sie „Seinen“: Bereits dies ein Kabinettstück per se.

Mit den Konzert für Klavier und Orchester a-Moll op. 54 – dem für Joachim Kaiser geschriebenen „phantastischsten und poetischsten aller romantischen Klavierkonzerte“ - schuf Robert Schumann die die Steilvorlage für alle Nachfolger. Vor vier Jahren diskutierte Martin Stadtfeld in einer Einspielung mit dem Mozarteumorchester Querverbindungen zweier Mozart-Klavierkonzerte.

Auch hier nun dünkte seine Sichtweise eher klassisch geprägt. Natürlich ließ er sich die den Hörer stets spontan und effektvoll überrumpelnden schwungvollen Akkorde zum Einstieg nicht entgehen. Im weiteren Verlauf wirkte er aber vorerst etwas distanziert allzu großem romantischen Überschwang gegenüber. Stadtfeld versenkte sich zart, aber doch zurückhaltend ins Zwiegespräch mit der Klarinette, ehe er zum Beginn der virtuosen Kadenz auch einmal der ihm genauso zu Gebote stehenden „Mörderpranke“ freieren Lauf ließ.

Nach seinem solistisch subtilen Einstieg ins anschließende Zwischenspiel hinterließ er aber auch im tänzerisch bestimmten Allegro vivace zum Schluss den Eindruck, als wolle er sich, trotz allen technischen Könnens, vornehmlich eher kühl kalkulierter Zurückhaltung befleißigen. - Da mochte ihm Minasi mit seinen Mitstreitern ein noch so funkelnd dahin wirbelndes Terrain aufbereiten... Quasi nach dem Motto: „Nur nicht zu viel an Gefühl preisgeben!“

Johannes Brahms, von Schumann leidenschaftlich gerühmt, schuf mit seiner Sinfonie Nr. 4 e-Moll op. 98 das abschließende Glanzstück seines symphonischen Schaffens. Auch hier gelang es Riccardo Minasi, wie neu funkelnde Facetten vorzustellen. Es war gewissermaßen eine Sinfonie für Hornquartett und Orchester, denn kaum je wurde so verdeutlicht, welch gewichtigen Anteil Brahms den Hornisten – und damit den vier ausgezeichneten Mitgliedern des Mozarteumorchesters - schon vom Anfang des Kopfsatzes an zudachte. Minasis italienisches Temperament zügelte immer wieder die latent mitschwingende Melancholie. Rhythmisch gefestigt durch hart geschlagene Pauken, vehement pulsierend etwa den dritten Satz hindurch, wurde furios und grimmig die vordergründige Fröhlichkeit demaskiert. Klanglich bekrönt und energisch aufgegipfelt kam als Beweis der Brahms'schen Variationskunst die finale Passacaglia daher. Schlicht überwältigend!

Die Konzerte des Mozarteumorchesters in der neuen Spielzeit 2019/20 - www.mozorch.at
Bilder: MOS / Valéry Joncheray; Henning Ross Sony Classical