Spoken Word. Das ist nicht nur Sprechen. Das ist Beatboxen, Schauspielern, Reimen, Schimpfen, Zitieren, Skizzieren – alles in einem. Genau das boten am Freitag (31.3.) in wilden Rhythmen und mehr als vier Sprachen Precious Chiebonam Nnebedum, Mieze Medusa und Dalibor Marković.
Precious Nnebedum setzt sich aktiv gegen Rassismus ein und spricht mit viel Charme und ebenso bescheiden wie selbstbewusst über ihren Namen und ihre eigene Schöpfung durch „the artist“ – den Künstler. Die viersprachig aufgewachsene Frau nahm in ihren Texten mit in eine Welt voll Mut, Selbstbewusstsein aber auch Verletzlichkeit, in der Reisende zuweilen völlig unverankert und allein im Boot „Zugwracks auf dem Meer“ passieren und Strömungen umschiffen, um am Ende vielleicht doch noch anzugelangen. Daheim.
Es folgte ein Urgestein der Slamszene Österreichs – Mieze Medusa. In schnellem Wortfluss samt Mitsprachegelegenheit für das Publikum stieg Mieze Medusa direkt ins Geschehen ein: Klimawandel, Krieg, Sexismus, Super-Gau. Schonungslos warf die Poetin dem Publikum das aktuelle Weltgeschehen vor die Füße und an den Kopf – Ende offen, Handlungsappell hinzuzudenken.
Dass Methoden des Poetry Slams durchaus auch für Prosa fruchtbar gemacht werden können, zeigte sie auch im Text 8. März, Bitches aus ihrem neuen Roman Was über Frauen geredet wird. Wem „Manterrupting“ noch kein Begriff ist, dem empfehlen wir wärmstens einen Blick in das Buch.
„Wenn ich Deutsch spreche, hört man meinen deutschen Akzent gar nicht so stark“, setzt Dalibor Marković einen kleineren Themenbruch, um ein Gedicht anzuschließen, dass in vier und mehr Sprachen eindrucksvoll demonstrierte, wie wenig es der Kenntnis von Wörtern oder gar Sprachen bedarf, um etwas zu verstehen. Etwa, wenn man gerade Zeugin eines genialen Vortrags – mehr noch, Auftritts – wird.
Dass Performance und Poetologie sich gut vertragen, zeigten Übersetzungen zum Lachen und eine launige Backanleitung für Lyrik. Nach ein, zwei Minuten oder doch mehreren Jahren im Denkofen schmeckt‘s hoffentlich wie ein Gedicht! Marković beatboxte sein Publikum anschließend mit einem Erlkönig-Remix durch ein Stück Literaturgeschichte und schüttelreimte eine Romeo und Julia-Bearbeitung (ihr Paar-Werden im Paarreim dargestellt) förmlich aus dem Ärmel. Happy-Endings durch die literarische Vorlage leider nicht abgedeckt.
Angesichts solch prekärer Situation und so vieler geschilderter Probleme sollten wir uns nicht im „Sch-Sch-Schilf“ verstecken, sondern nach Vorbild der Performerinnen auf der Weltbühne wohl selbst ins Performen kommen, so wie es Precious Chiebonam Nnebedum als Begründerin einer Initiative gegen Rassismus und Mieze Medusa mit ihren aufwirbelnd-anklagenden Gesellschaftskritiken vorzeigen. Damit am Ende nicht in ein paar Generationen – Zitat Dalibor Marković – „alles ein Haufen Scheiße ist“. Gratuliere, Rauris – zum Tätigwerden.