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Dauerbrenner des Geistes

LITERATURFORUM LESELAMPE

05/11/18 Es ist ein reicher Herbst im fünfzigsten Jahr des Literaturforums Leselampe. Am Dienstag (6.11.) liest Vladimir Vertlib liest auf Einladung der Leselampe und der Robert Jungk Bibliothek im Literaturhaus Salzburg aus seinem neuen Roman Viktor hilft. Im Literaturarchiv Salzburg lädt die Jubiläums-Ausstellung Dauerbrenner zum Rückblick auf fünfzig Jahre Literaturgeschichte.

Von Laura Trauner und Heidemarie Klabacher

„Dauerbaustelle und Dauerbrenner?“ Wie oft ist das Literaturforum Leselampe in seinen ersten fünfzig Jahren nicht umgezogen, bis es im Literaturhaus zusammen mit den anderen Salzburger Literaturvereinen eine bleibende Statt fand. Welch namhafte Persönlichkeiten leiteten über die Jahrzehnte den ältesten Salzburger Literaturverein. Welch namhafte Autorinnen und Autoren gingen ihre ersten Schritte in die Öffentlichkeit im Schein der Leselampe. Die Ausstellung „dauerbrenner. 50 Jahre Literaturforum Leselampe“ im Literaturarchiv Salzburg dokumentiert nicht nur salzburgische und österreichische Kultur- und Literaturgeschichte von Rang. Aus Anlass des Jubiläums ging das umfangreiche Vereinsarchiv, das die Leselampe im Verlauf der fünf Jahrzehnte ihres Bestehens aufgebaut hat, in den Bestand des Literaturarchivs über. Dort wird es in Zukunft der Öffentlichkeit und der literaturwissenschaftlichen Forschung zur Verfügung stehen. Darin befindet sich eine große Zahl an Originalbriefen, von Autorinnen und Autoren eigenhändig korrigierte Manuskripte, Fotografien, Entwürfe, Programme, Zeitungsausschnitte und diverse Materialien, die nicht nur die verschiedenartigen Tätigkeiten des Literaturforums Leselampe dokumentieren, sondern eine wertvolle Grundlage für die weitere Erforschung eines wichtigen Teils der neueren Salzburger Literaturgeschichte darstellen.

Ein Blick in die Jubiläumsausstellung Dauerbrenner im Literaturarchiv: Neben einer Ansammlung an Pinnwänden und Spannrahmen voller schriftlicher Zeugnisse von einst in der Leselampe vertretenen Autoren, machen die Personen, die einem da von der rechten Seitenwand auf Schwarz-Weiß-Aufnahmen entgegenblicken allein aus rein modischer Sicht klar, dass der Schwerpunkt der Ausstellung vor allem den Anfängen der Leselampe gewidmet ist.

Und auch im Hinblick auf die tapetenartig zusammengesetzten Werbeplakate für Lesungen des Literaturformats, die die Farbpallette dieser Zeit widerspiegeln, mag wohl der ein oder andere Besucher das Gefühl haben, sich in einem 70er-Jahre-Etablisement zu befinden. Nicht zuletzt wird der Stil dieser Zeit auch von einem weißen Kunststoffteppich mit grafischem Muster aufgegriffen, dessen Tortendiagrammfunktion von besonders Aufmerksamen zur Auffrischung der Leselampen-Geschichte in einem Ordner im Licht der Original-Leselampe von 1970 nachgeschlagen werden kann.

Beim großen Fest zum Jubiläum der Leselampe in der „Trachtenfabrik“ standen Teresa Präauer Erwin Einzinger im Mittelpunkt. Rund 168 E-Mails seien es, in denen in Teresa Präauers Mailbox das Schlagwort „Leselampe“ aufscheint und man munkelt, dass es sich dabei nicht nur um ein Portfolio der erfolglosen Suche eines kritischen Gemüts nach einem akzeptablen Beleuchtungskörper handelt, denn auch die Autorin bestätigt, dass sie ihre Vorsätze, in der SALZ zu publizieren, nach zweijährigem Versuchen erstmals 2006 verwirklichen konnte.

Mittlerweile ist Präauer als bildende Künstlerin und Schriftstellerin in über zehn Ausgaben der Literaturzeitschrift vertreten. Sie präsentierte zu Ehren der Leselampe ein „Best Of“ ihrer literarischen SALZ-Beiträge, darunter nicht nur ein Text über gute Vorsätze, sondern auch die impulsive Darstellung zweier Schwestern, gedanklich untermalte Beobachtungen bei einem Spaziergang durch Rom, die rhythmisch-choreografische Wiedergabe eines Liebesreigens, eine reisetagebuchartige Glosse sowie ein überaus salonfähiger und tragbarer wortspielreicher Text über Handtaschen.

Auch Erwin Einzinger, der Weggefährte ist übrigens im aktuellen SALZ Lass rauschen mit dem Text Lerchenzungen in Aspik vertreten, begeisterte einmal mehr mit seinen spielerischen Tiefsinnigkeiten. Hätte man ihn nicht glücklicherweise schon in jungen Jahren zum Sieger eines Gedichtwettbewerbs gekürt und sein Geschriebenes publiziert, hätte er wohl keinen Gedanken daran verschwendet, Schriftsteller zu werden, erzählte Einzinger. „Zu dieser Zeit hat schließlich jeder geschrieben“, sagte der bereits in der aller-ersten SALZ-Ausgabe vertretene Autor und bekennende Fan der englischen Progressive-Rock-Gruppe King Crimson. Was der Literaturwelt in diesem Fall etwas entgangen wäre, wurde einem bei der Jubiläumslesung mit der Erzählung Das Wildschwein mit dem markanten ersten Satz „Niemand versteht, warum an eher krummen Tagen manches plötzlich leichter geht“ deutlich.

Am Dienstag (6.11.) also liest Vladimir Vertlib auf Einladung der Leselampe und der Robert Jungk Bibliothek im Literaturhaus Salzburg aus seinem neuen Roman Viktor hilft. Wie der Autor selbst kommt Vladimir Vertlibs Protagonist Viktor als Sohn russischer Einwanderer aus der Sowjetunion nach Österreich. In seinem neuen Roman verwebt Vertlib Autobiographisches mit den Geschehnissen der vergangenen Jahre in Mitteleuropa. „Vladimir Vertlib begegnet mit seinem neuen Roman „Viktor hilft“ der Debattenkultur zur so genannten Flüchtlingswelle. Es sind die Genauigkeit des Blicks, der frei von Ideologie und voll von Ironie ist, und die Präzision der Details, die Vertlibs neuen Roman auszeichnen“, sagte Gernot Zimmermann auf Ö1.

Vladimir Vertlib, geboren 1966 in Leningrad, emigrierte 1971 mit seiner Familie nach Israel, übersiedelte 1981 nach Österreich, studierte Volkswirtschaftslehre und lebt als freier Schriftsteller in Salzburg. Ausgezeichnet wurde er etwa mit dem Österreichischen Förderungspreis für Literatur, dem Adelbert-von-Chamisso-Förderpreis und dem Anton-Wildgans-Preis. Nach seinem 1999 erschienenen Debütroman Zwischenstationen folgten 2015 Lucia Binar und die russische Seele und nun Viktor hilft – alle erschienen im Deuticke Verlag, der demnächst wohl selber Geschichte und im Zsolnay Verlag aufgegangen sein wird.

www.leselampe-salz.at - Literaturarchiv Salzburg
Bilder: dpk-Trauner; Deuticke Verlag (1)

 

 

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