Seit 1963 ist Alfred Goldschmid nun also in Istrien unterwegs, als Naturforscher (vornehmlich der ufernahen Unterwasserwelt), aber alsbald auch berückt von Land und Leuten. „Lange bevor der Trüffelkult zwischen Buzet und Livade entstand, kauften wir diese Pilze bei Bauern“ schreibt er im Vorwort. „Mit ihnen tranken wir Grappa und Wein, sie zeigten uns, wie der istrianische Schinken gemacht wird und wir durften das seidige Fell der Boskarin (Rinder) streicheln.“ Ohne kulinarische Hintergedanken, darf man bei einem Zoologen vermuten.
Das Entscheidende waren für Alfred Goldschmid und seine Mitaurorinnen Friederike und Ulrike Goldschmid aber die Begegnungen mit Menschen und mit dem, was sie über die die erlebte Geschichte und Gegenwart, über ihre Kultur erzählten. Ein „Europa im Kleinen“ galt es zu entdecken, und wer sich seit fünfzig Jahren auf diese Region einlässt, kann das Erzählte – „oral history“ sagt man neuerdings dazu – gut einschätzen. Das Buch ist mithin kein Reiseführer, der einen von Sehenswürdigkeit zu Sehenswürdigkeit geleitet. Es ist ein Buch, das einen nachdenken lässt darüber, wie sich Zeitläufte in Kultur und Wesensart der Menschen eines Lebensraumes niederschlagen.
Genug Absonderlichkeiten: Wo lag wohl Cissa, das Atlantis der oberen Adria?Was hat es mit dem „Stein im Ohr“ für eine Bewandtnis, mit dem der Autor bei Einheimischen in einem Fischrestaurant mächtig Eindruck schinden konnte? Von den Römern bis zu den Habsburgern reicht die Geschichte von Pula (und ist damit nicht zu Ende). Mancher Weg ist unterdessen – so wie Trüffel und Schinken – vom Tourismus entdeckt, etwa die Trasse der ehemaligen Schmalspurbahn von Triest nach Porec (mit erheblichem Umweg ins Landesinnere), wo man neuerdings Radtouren unternehmen kann.
Es sind immer sehr persönlich gefärbte Geschichten, und immer versteht es der Autor, seinen Leserinnen und Lesern Menschen näher zu bringen und Sympathie zu wecken. Man macht sich im Gedanken ans Kofferpacken während der Lektüre.