190 Standln, 3500 Quadratmeter

DAS SCHRANNENKOCHBUCH / GEIBLINGER

30/09/10 Der gesprächige Metzgermeister, bei dem man jedes Mal mehr kauft, als man im Sinn hatte (und immer froh darüber ist). Der kleine Stand der Gemüsebäuerin und ihrer stillen freundlichen Tochter mit den kleinen harten Händen. Der „Italiener“, bei dem man nur zu leicht ein Vermögen in Steinpilz-Tortellini und Käse investiert. In Gesellschaft des Herrn Kölbl der Marchfelder Spargel…

Von Heidemarie Klabacher

altSalzburger, die auf sich halten haben ihre je eigenen Schrannen-Visionen und ihre eigenen - keineswegs geheimen, aber doch auf geheimnisvolle Weise von Donnerstag zu Donnerstag sich ähnelnden - Wege über den voll geräumten Parkplatz rund um die Andräkirche.

Dass dem Durcheinander von Blumen-, Obst-, Gemüse-, Fisch- und Fleischständen - die Korbflechter nicht zu vergessen - ein höherer und durchaus geordneter Plan zugrunde liegt, zeigt das hintere Vorsatzblatt des „Schrannenkochbuchs“ von Elfi Geiblinger. Nur der Nasch- und der Brunnenmarkt in Wien sind größer, aber der Vergleich mit der Schranne verbietet sich: Nur die Schranne ist ein reiner Straßenmarkt, der spätstens um 14 Uhr wieder spurlos verschwunden ist. 

Elfi Geiblinger, seit 1972 beim ORF und seit 2007 Programmchefin von Radio Salzburg, berichtet seit über zwanzig Jahren jeden Donnerstag von der Schranne. Im Buch alterzählt sie von den verschiedenen Formen der Beziehung zwischen Standler und Kunden, berichtet von der Geschichte der Schranne und ihrer ständigen räumlichen und „inhaltlichen“ Entwicklung von 1430 bis heute, schildert die Vielfalt des Angebots und die Originalität der Standlerinnen und Standler.

14 Metzgereien, drei Geflügel- und drei Fischhändler sind auf der Schranne vertreten, neun Bäcker, zehn Anbieter von Käsespezialitäten und Milchprodukten - man kriegt endlich einen Überblick. Dafür ist ein wenig Distanz ja meistens gut.

Im Gedränge hat man auch gar nicht immer Muse, die Still-Leben zu bewundern, die die Waren aller Arten ganz von selber zu bilden scheinen: Die unzähligen Fotos vermitteln - obwohl aus zahlreichen verschiedenen Quellen - ein in sich stimmiges und stimmungsvolles „Schrannenbild“. Grafisch liebevoll gestaltete Kapitelüberschriften oder Details, wie die vielen gelben „Post-It“, die an die eigene Einkaufs-Zettelwirtschaft erinnern, ergeben auch gestalterisch ein überaus charmantes Buch.

alt„Schrannenkochbuch“? Rezepte gibt es auch. Mit „handgeschriebenen“ Einkauflisten, die man alle bei einem einzigen Gang über die Schranne abhaken kann. Die Rezepte sind von den schranne-erfahrenen Köchen Josef Illinger und Michael Pratter, kommen in klar formulierten ganzen Sätzen daher und ohne Koch-Kauderwelsch aus.

Die Food-Foto „knallen“ ein wenig: So überdimensional eignet sogar einem zarten Zanderfilet etwas Überwältigendes. Nicht einmal von den Spinatknödeln möchte man überrollt werden. Warum hat das Hühnerbrüstchen im Bild ein bemütztes Haxerl? Egal.

Bis zu neuntausend Menschen sollen sich an „guten Markttagen“ im Laufe des Vormittags auf der Schranne einfinden. Das erklärt so manches. Dass die Schranne kein „Billigpreis-Paradies“ ist, ist bekannt. Das kommt so: „Wenn sie - die Marktfahrer - in der Früh sehen, dass andere mehr für die Marillen oder die Schwammerl verlangen, korrigieren sie die Preise gerne nach oben.“

Elfi Geiblinger. Das Schrannenkochbuch. Verlag Anton Pustet, Salzburg 2010. 148 Seiten, 19,95 Euro.
Bilder: Verlag Anton Pustet