Paweł bezahlte die Liebe mit dem Tod

HINTERGRUND / THEATER MOKRIT / PAVEL

11/08/23 Paweł, Irma und Katharina – das sind die Namen von drei Menschen, die im Lungau Zwangsarbeit haben verrichten müssen. An sie erinnern die Lungauer Kulturvereinigung und das Theater Mokrit ab morgen Samstag (12.8.) mit dem Theaterprojekt Paveł.

Der Autor David Wimmer, der Architekt und Bühnenbildner Alex Gahr und die Historikerin Julia Bogensperger, alle drei im Lungau geboren und aufgewachsen, blicken aus unterschiedlichen Perspektiven zurück in die 1940er Jahre. Zwangsarbeiter und -arbeiterinnen mussten in deutschen Betrieben, Fabriken und auf deutschen Höfen arbeiten. „Fremdarbeiter“ oder „Ostarbeiter“ nannte man diese Menschen, die wir heute als das bezeichnen, was sie waren, nämlich Zwangsarbeiter.Sie kamen aus Frankreich, Italien, Jugoslawien, Polen, der Ukraine und der Sowjetunion in den Lungau. Den Lungauern waren die ausländischen Namen allzu fremd und auch zu kompliziert, sodass mit der Identität dieser Menschen oft kurzer Prozess gemacht wurde. Da war nun die Rede vom „Jakober-Franzos“ oder vom „Trattner-Franzos“, oder einfach nur vom „Polen“.

Einer aus Polen war Paweł. „Seinen Nachnamen finden wir in den deutschsprachigen Quellen durchgängig in der Schreibweise 'Pawel Fronzek'. Die korrekte Schreibweise verrät seine Taufurkunde in Polen, nämlich 'Paweł Frączek'“, erklärt Julia Bogensperger. Etwa eine Million Zwangsarbeiter gab es in Österreich. Die Zwangsarbeit war quasi das offiziellste Verbrechen der Nazis. Im Reichsgebiet und in den besetzten Gebieten wurden vom NS-Regime etwa zwanzig Millionen Menschen zu anhaltenden Arbeitsleistungen gezwungen. Doch bereits vor dem Überfall auf Polen stellte der Mangel an Arbeitskräften eines der größten Probleme der deutschen Kriegswirtschaft dar.

Wegen der anstehenden herbstlichen Ernte entschied man sich für den Einsatz „minderwertiger Fremdvölkischer“, wiewohl es hier starke ideologische Bedenken gab. Es begannen intensive Anwerbungs-Kampagnen polnischer Landarbeiter, die zur Jahreswende und im Frühjahr mehr und mehr in Dienstverpflichtungen und regelrechte Menschenjagden mündeten. Bis Mai 1940 waren auf diese Weise mehr als eine Million polnische Zwangsarbeiter ins Reichsgebiet gebracht worden. Mit den Erlassen der Reichsregierung vom 8. März 1940, den so genannten „Polenerlassen“, schuf die Naziregierung per Verordnung ein Sonderrecht.

Ziel der Zwangsvorschriften war eine weitgehende Separierung der Polen von der deutschen Gesellschaft. Die Erlasse verordneten eine generelle Kennzeichnungspflicht aller polnischen Zwangsarbeiter. Das sogenannte „Polenabzeichen“ war nur das äußere Stigma für das generelle Verbot, mit deutschen außerhalb der Arbeitssituation Kontakt aufzunehmen. Intime Kontakte mit deutschen Frauen sollten mit dem Tod bestraft werden.

Vor diesem Hintergrund spielte sich die Tragödie des Paweł Fronzek ab. Der polnische Zwangsarbeiter hatte Geschlechtsverkehr mit der sechzehnjährigen Ziehtochter jenes Bauern, bei dem er arbeitsverpflichtet war. Er wurde angezeigt, am 27. April 1942 nach Salzburg transportiert und vier Monate später von der Gestapo zurückgebracht. In der Pfarre Ötz in Mariapfarr werden Landsleute von Paweł Fronzek gezwungen, ihn am 28. August 1942 zu erhängen. Weitere Zwangsarbeiter aus der Region mussten der Hinrichtung als Zeugen beiwohnen. Der Fall von Paweł Fronzek wird in der neuen Ortsgeschichte von Mariapfarr auf Basis neu zugänglicher historischer Quellen und von Zeitzeugenberichte neu aufgerollt. In der Aufführung des Theater Mokrit spielt Jurek Milewski die Titelrolle. Gérard Es inszeniert. (LKV / Programmheft Paveł)

Paweł – Uraufführung am Samstag (12.8.), weitere Aufführungen bis 26. August in der Glashütte St. Michael – www.lungaukultur.at
Bilder: LKV / Programmheft Paveł