Ohne die Beiträge von welt- oder ordenskirchlichen Einrichtungen würden aber auch 20 Prozent der Spitalsbetten nicht betreut und „70.000 Schüler müssten sich eine andere Schule suchen“, so Erhard Rauch. "Diese Zahlen ließen sich jetzt unglaublich lange weiterführen", so Rauch in einem auf der Website www.ordensgemeinschaften.at publizierten Beitrag.
Rauch wörtlich: "Es geht bei der Diskussion aber nicht alleine um Zahlen, sondern um eine tiefe emotionale Identitätsfrage. Christlicher Glaube und Religion sind ein wesentlicher Identitätsfaktor bei uns in Österreich.“ Auch wenn viele Menschen „eine hohe Distanz zur Amtskirche spüren, so nahe seien sie sie den konkreten Angeboten in den Pfarren, Schulen und Bildungseinrichtungen, Kranken- und Pflegehäusern bis hin zu den sozialen und internationalen Einrichtungen und Projekten."
Der Ordensmann Rauch empfiehlt, die kolportierten Zahlen zu hinterfragen: Die Kirche bekomme keine kolportierten 3,6 Milliarden Euro, „sondern gesellschaftliche Leistungen werden von der Gesellschaft bezahlt. Diese Leistungen werden im kirchlichen Umfeld erbracht. Das ist doch überall sonst ganz normal.“
Dass der Anteil der staatlichen Mittel im Bereich des Denkmalschutzes für kirchliche Denkmale hoch ist, erkläre sich schlicht aus der Tatsache, dass die Mehrzahl der vom Staat unter Denkmalschutz gestellten Gebäude der katholischen Kirche gehören, argumentiert auch der Wiener Religionsrechtsexperte Prof. Richard Potz: „Die Erhaltung dieser Bauten ist wesentlich auch im öffentlichen Interesse. Hier zu verlangen, dass lediglich die ‚wohlhabende’ Kirche zur Gänze für die Erhaltung selbst aufkommen solle, ist banal-populistisch und gleichheitswidrig.“
Potz bezeichnet die Rede „Kirchenprivilegien“ in einem Kathpress-Interview als „irreführend“. Er wirft den Initiatoren des Volksbegehrens „überwiegend unrichtige bzw. in der Ungenauigkeit verfälschende Feststellungen“ vor.
In Österreich - wie auch in den meisten europäischen Staaten - bestehe derzeit das System einer institutionellen Trennung von Staat und Kirche. Ein wesentliches Kriterium dieses Systems sei, dass auf Grund dieser Entflechtung die Kirchen vor der Einmischung des Staates ebenso sicher ist wie der Staat vor religiöser Bevormundung. Religion solle damit jedoch nicht generell ausgegrenzt und in das Private abgedrängt, sondern der entsprechende rechtliche Rahmen für die Kooperation mit den Religionsgemeinschaften als zivilgesellschaftlichen Akteuren bereitgestellt werden. Potz: „Man spricht daher in Europa überwiegend von einer kooperierenden Trennung, die von einer laizistischen Trennung unterschieden wird.“
Zu den Privatschulen erklärt der Religionsrechtsexperte: In Österreich werde der Lehrerpersonalaufwand an konfessionellen (nicht nur katholischen) Privatschulen vom Staat getragen, nicht auch der Sachaufwand, wie in vielen europäischen Staaten. Insgesamt betrachtet erspare sich der Staat damit einiges, „allerdings sollte die Förderung wohl auf andere Schulträger ausgedehnt werden“.
Die Förderung von Privatkindergärten sei in den einzelnen Landesgesetzen unterschiedlich geregelt, es bestehe jedoch keine „Privilegierung“ von Religionsgemeinschaften. Ihre Herausnahme aus der Förderung würde eine verfassungswidrige Diskriminierung darstellen.
Die Grundsteuerbefreiung von kirchlichen Besitztümern sei im Wesentlichen über die Befreiungen für soziale und erzieherische Einrichtungen hinaus auch für seelsorgliche und andere religiöse Zwecke vorgesehen. Derartige Steuerbegünstigungen seien internationaler Standard und würden sich auch in Staaten mit strikter Trennung finden.
Wenn die Absetzbarkeit von Spenden „vor allem kirchlichen Einrichtungen zugute“ komme, dann werde damit vor allem das kirchliche Engagement deutlich, ohne das der Sozialstaat offenbar bereits seine Grenzen erreicht hätte, so Potz: „Soll mit dieser Forderung erreicht werden, dass die Spendenabsetzbarkeit überhaupt abgeschafft wird, oder aber dass lediglich Spenden an kirchliche Einrichtungen gleichheitswidrig davon ausgenommen werden?“
Der öffentlich-rechtliche Kernauftrag des ORF sehe als einen von 19 Punkten die angemessene Berücksichtigung der Bedeutung der gesetzlich anerkannten Kirchen und Religionsgesellschaften vor. Bei der Erfüllung dieser Verpflichtung seien laut Programm-Richtlinien nicht nur die durch diese Institutionen gesetzten Ereignisse in ihrer gesellschaftlichen Relevanz, sondern auch die Glaubensinhalte dieser Kirchen und Religionsgemeinschaften zu berücksichtigen und zu vermitteln.
Potz abschließend: "Unbestritten ist wohl, dass die Säkularität des Staates irreversibel ist und die damit gegebenen Grenzen für Religion bzw. das Tätigwerden der Religionsgemeinschaften strikt beachtet werden müssen. Eine laizistische Trennung von Staat und Kirche, in dem Sinn dass Religion in die Privatsphäre zu verbannen wäre, zählt jedoch gerade nicht zu den wesentlichen Pfeilern der Demokratie."
Auch in dem für Religionsfragen zuständigen Bundesministerium für Unterricht, Kunst und Kultur (BMUKK) distanziert man sich von den Forderungen des „Volksbegehrens gegen Kirchenprivilegien“. In einer schriftlichen Stellungnahme gegenüber "Kathpress" hält das BMUKK am Freitag fest, dass Staat und Religion jedenfalls seit 1919 getrennt sind und widerspricht damit der Zentralforderung des Volksbegehrens. Es gebe keine gemeinsamen Einrichtungen von Staat und Kirchen oder Religionsgesellschaften. Die von den Kirchen und Religionsgesellschaften erbrachten Leistungen im allgemeinen öffentlichen Interesse, etwa im Bildungswesen, seien „keine staatlichen, sondern privat erbrachte Leistungen“.
Eine sachlich nicht gerechtfertigte Besserstellung von Religionsgemeinschaften bestehe nicht, heißt es in dieser Stellungnahme. Die Kirchen und Religionsgesellschaften erhalten ist Österreich zwei Arten von Zahlungen. Zum einen sind dies Leistungen für durch den Nationalsozialismus zugefügten Vermögensschaden an die katholische Kirche, die evangelische Kirche, die altkatholische Kirche und die Israelitische Religionsgesellschaft. Zum anderen sind dies Zahlungen im Rahmen von durch die Kirchen und Religionsgesellschaften erbrachten Leistungen im allgemeinen Interesse, beispielsweise im Schulwesen.
Steuerliche Regelungen für Schulen, ebenso wie für Schülerheime oder Alten- und Pflegeheime, finden grundsätzlich auf solche Einrichtungen Anwendung, unabhängig von der Trägerschaft. Ein Ausschluss von konfessionellen Trägern von den Regelungen wäre eine menschen- und grundrechtswidrige Diskriminierung. (Kathpress/dpk)