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Wild ist der Westen, schwer ist der Beruf

STICH-WORT

24/02/19 Nach offizieller Lesart wurden all die 1968er und die knapp Nachgeborenen ja von den Beatles und den Rolling Stones musikalisch sozialisiert. Die ersten Bohnen in die Ohren, denen sich unsereiner in der Jugend schwer erwehren hat können oder wollen, haben in Wirklichkeit andere abgeschossen. Einer von ihnen ist dieser Tage gestorben: Gus Backus.

Von Reinhard Kriechbaum

Gus Backus war der der Küchenradio-Traum all jener damals Zwanzig- bis Dreißigjährigen, die damals in den frühen 1960er Jahren selbst keinen GI aufgegabelt haben. Sei's mangels Attraktivität, zu gut wachender Eltern oder doch noch nachwirkender Vorbehalte gegen den Feind. Die deutschen (und auch österreichischen) Mädels und Jung-Muttis sind damals voll abgefahren auf den etwas mageren, aber immer sonnigen Gus Backus, der ihnen bestätigte: Rote Lippen soll man küssen, denn zum Küssen sind sie da.

In einem anderen Hit – aus dem Film Unsere tollen Tanten, 1961 – sang Gus Backus ein Loblied auf ein in der Nachkriegszeit preiswertes und daher gefragtes Gemüse: Das Wort Sauerkraut hat der Schreiber dieser Zeilen wohl erst später ohne den durch Gus Backus und und seinen amerikanischen Akzent vorgeprägten Zungenschlag hingekriegt. Man glaubte damals, es muss so klingen. Ich esse gerne Sauerkraut und tanze gerne Polka / Und meine Braut heißt Edeltraut / Sie denkt genau wie ich. Die Textzeile Ich bin nur für Sauerkraut und meine Braut gebaut ist nie so populär geworden wie der Anfang der Sauerkraut-Polka.

Ausgiebig Bohnen in die Ohren jedenfalls: In Der Mann im Mond, ebenfalls 1961, hielt Gus Backus eine hübsche Frage zu eben diesem bereit: Hat er genau wie wir auch eine Mondscheinbraut, für die sich lohnt, dass man ein Häuschen baut? Das ging rein in die Herzen der Nachkriegsmädels. Im übrigen dräute da schon eine gewisse interstellare Betriebsamkeit:
Der Mann im Mond, der hat es schwer,
denn man verschont ihn heut' nicht mehr.
Er schaut uns bang' von oben zu
und fragt: Wie lang' hab' ich noch Ruh?

Es hat dann schon noch gedauert bis zur Mondlandung. Da war Gus Backus längst weg vom Fenster. Es hatte sich bei der Zielgruppe herumgesprochen, dass der Realo-Ehemann der Wirtschaftswundergeneration doch mehr hergibt als der singende GI, der als Donald Edgar Backus 1937 in New York geboren wurde. Mitte der 1950er Jahre wurde Backus zur US Air Force in Pittsburgh eingezogen, hat sich dort als Mitglied einer Doo-Wop-Gruppe (das waren Vorläufer von Boybands) profiliert. 1957 wurde der singende Jungsoldat nach Wiesbaden verlegt. Bei Polydor erkannte man den Reiz dieser Tenorstimme mit dem amerikanischen Zungenschlag. Brauner Bär und Weiße Taube und Da sprach der alte Häuptling der Indianer (beide 1960) bedeuteten einen Senkrechtstart.

Auf Youtube gibt es ein (spätes) Video eines Auftritts von Gus Backus – unterdessen mit Vollbart. Man sieht den Zuhörerinnen der späten 1960er Jahre an, dass sie längst lieber Beatles hörten als im Refrain des Indianerhäptlings: Wild ist der Westen schwer ist der Beruf... Das Leben ist eben kein Ponyhof, und so sang Gus Backus auch Ich steh an der Bar und ich habe kein Geld.

Mir Schnulzen à la Ich hab mein Herz in Heidelberg verloren war in den 1970er Jahren wenig zu holen, so kehrte Gus Backus 1973 dem Showgeschäft den Rücken und ging in die USA zurück, wo er unter anderem als Vorarbeiter auf Ölfeldern in Texas arbeitete. 2001 kehrte er nach Deutschland zurück, ohne ernsthaft an frühere Erfolge anknüpfen zu können. Er lebte zuletzt in Germering bei München, wo er nun 81jährig einem Krebsleiden erlegen ist. Seine Autobiographie heißt: Ich esse gar kein Sauerkraut. Das auch noch.

Bilder: Archiv (1); weltbild (1)

 

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